Obwohl ich schon oft in Griechenland gewesen bin, war es das erste Mal, dass ich ich Kreta besuchte. Kreta war für mich ein Ort der Mythologie. Zeus hatte auf einem Stier Europa nach Kreta entführt. Seitdem gabe die Prinzessin einem ganzen Kontinent ihren Namen. Ebenso große Wirkung hatte die minoische Kultur auf Europa. Sie wurde als Wiege der der Menschen Europas angesehen. Auf diese Insel reiste ich nun und war mir wohl bewusst, dass die alten Mythen nichts mit der heutigen Wirklichkeit zu tun haben. Doch tief im Herzen sind wir von den Mythen verzaubert. Sie beschäftigen unsere Phantasie noch heute und das verleiht Flügel. Als ich am 27. April nachmittags in Heraklion eintraf, empfing mich eine strahlende Aprilsonne und der süsse Duft blühender Bäume. Mein Hotel lag in der Altstadt Heraklions. Voller Neugier begab ich mich in das Zentrum und bummelte durch die Altstadt und zum Hafen. Die venezianische Lodge, erbaut 1616 bis 1626, ist heute das Rathaus von Heraklion. Der Morosini Brunnen ist ein beliebter Treffpunkt am zentral gelegenen Löwenplatz. Im Hintergrund die alte zur Kunsthalle umgebaute Markus Basilika. Im alten Hafen von Heraklion liegen noch heute die kleinen malerischen Fischerboote. Das venezianische Fort am Hafen wurde schon 1303 erbaut.
Abends erwacht das Nachtleben um den Löwenplatz und die Restaurants waren voll besetzt. Auch ich suchte mir ein Restaurant, bestellte gegrillte Lammshops und trank einen guten griechischen Wein dazu. Schon bald brach die Nacht herein. In der Stadt herrschte angeregtes Treiben. Eine typisch warme Nacht im Süden des Mittelmeeres.
Der Mythos berichtet: Als junger Mann verliebte sich Zeus in die schöne Europa, Tochter des Königs Agenor von Phönizien. Zeus nahm die Gestalt eines weißen Stiers an und näherte sich der Königstochter, als diese am Meeresstrand mit ihren Freundinnen spielte. Die Königstochter war von der Schönheit des Stieres fasziniert und streichelte ihn und setzte sich schließlich auf seinen Rücken. Kaum hatte das Mädchen aufgesessen, da erhob sich der Stier und entführte die Königstochter nach Kreta. Zeus raubt Europa Am Strand von Matala verwandelte sich Zeus wieder in menschliche Gestalt und ging mit dem Mädchen nach Gortyn und zeugte mit ihr unter einer immer grünen Platane den späteren König Minos und seine 2 Brüder. Es wurde das berühmte Herrschergeschlecht der Minoer. König des Reiches wurde Minos, der Knossos zur Hauptstadt machte. Auf dem Berg Ida empfing Minos, der wegen seiner großen Gerechtigkeit hoch geschätzt war, für sein Volk alle 9 Jahre neue Gesetze von seinem Vater Zeus. So geschieht es, dass wir noch heute Kreta als die Wiege der Europäer ansehen und dem Raub der Europa durch Zeus ein allerbestes Gedenken bewahren. So war es auch nicht verwunderlich, dass meine ersten Schritte auf Kreta der Ausgrabungsstätte Knossos galten. Die feinsinnige und freiheitsliebende minoische Kultur, benannt nach ihrem König Minos, beherrschte das Mittelmeer einschließlich Griechenland ca. vom 13. bis 17. Jahrhundert vor Christos. Was letztlich diese Hochkultur zerstört hat, kann bis heute nicht genau gesagt werden. Waren es die Mykener, die das minoische Reich überfielen oder war es ein besonders heftiger Vulkanausbruch? Es wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Blick von der königlichen Straße auf die Westbastion. Hinter den 3 roten Rundpfeilern ist ein Stierfresko zu erkennen. Die weiße, gewundene Spitze ist das Horn des Stieres. Dieses Fresko blieb noch Jahrhunderte nach der Zerstörung des Palastes sichtbar. Evans vermutete, dass dieses Fresko wesentlich zur Entstehung des Mythos vom Labyrinth beitrug. Dieser Mythos trägt letztlich nach dreitausend Jahren zum Auffinden des minoischen Palastes bei. Die blauen Damen von Knossos. Ein Fresko, das für die Feinsinnigkeit der minoischen Kulter kennzeichnend ist.
Hier fotografiere ich den Vorraum zum Zentralheiligtum mit der Bank. Im Heiligtum sieht man eine große Amphore, in der wahrscheinlich Opfergaben gesammelt wurden. Dieser Raum kann auch der Aufbewahrung heiliger Geräte gedient haben. Hier wurden auch die berühmten Linear B-Täfelchen gefunden, deren Entzifferung aber bis heute nicht gelungen ist. Das obere Stockwerk der königlichen Gemächer des Palastes. Es ist heute nur bis zum Niveau des Erdgeschosses erhalten. Im Hintergrund fruchtbare Hänge mit Wein und Oliven beflanzt. Das ist der Thronsaal mit den Bänken und unten ganz rechts mit dem Thron des Königs Minos. Da König Minos als weiser Richter und Gesetzgeber galt, wurde eine Kopie dieses Thrones als Sitz des Vorsitzenden des internationalen Gerichtshofes in den Haag aufgestellt. So bleibt nur zu hoffen, dass sich Europa zu neuer kultureller Blüte und Humanität entwickeln wird und den Europäern eine nimmer enden wollende Epoche des Friedens beschert wird. Dieser Hoffnung wollte ich durch meine Wanderung auf dem kretischen Weg Ausdruck verleihen.
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